Dass der rechten und linken Gehirnhälfte verschiedene Funktionen zugeschrieben werden, ist den meisten Menschen bekannt. Doch in welchem Zusammenhangen stehen diese Funktionen und Fähigkeiten mit den Gewinnchancen beim Pokerspielen? Gibt es eine vielversprechendere Gehirnhälfte?
Die Wissenschaft in der Gehirnforschung geht von dualen Konzepten aus und betrachtet das Gehirn aufgeteilt in zwei Gehirnhälften. Dabei kann man diese nicht ganzheitlich voneinander trennen, viele Prozesse der beiden Gehirnhälften greifen ineinander über und einige Themengebiete werden in beiden Gehirnhälften behandelt. Doch allgemein lässt sich sagen, dass die linke Gehirnhälfte eher das rationale Denken, sowie mathematische und analytische Prozesse steuert, während die rechte Gehirnhälfte mehr für die Kreativität, die Intuition und die Gefühle sorgt. In der linken Hemisphäre sitzt das Sprachzentrum, dort werden Gedanken in Sprache, in festgelegten Begriffen, also logisch und analytisch geformt. Unter ihre Aufgaben fallen also das Sprechen, das Lesen und Schreiben, die Mathematik und die Ordnung. Die rechte Hemisphäre hingegen empfängt sozusagen das Rohmaterial der Gedanken. Das bedeutet im Prinzip alle Sinneseindrücke, Bilder und entstehenden Ideen werden dort verarbeitet und auch die Phantasie hat dort ihren Ursprung. Sie arbeitet eher mit Formen und Farben, ermöglicht unter anderem das Gefühl für die Musik und betrachtet oft das Ganzheitliche und kaum die Details.
Einer der ersten Wissenschaftler, der diese Theorie vertritt und aufstellte war Roger Sperry mit seiner sogenannten Hemisphären Theorie. Er untersuchte schwerkranke Epilepsie Patienten, dessen Gehirnhälften voneinander getrennt wurden. 1981 gewann er den Nobelpreis für Medizin. Doch wo liegt nun der Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen Funktionen der Gehirnhälften und dem Pokern? Es gibt Menschen, die die Taktik von Pokerspielern in zwei Kategorien aufteilen: Die Intuitive und die Logische. Dementsprechend also in die Nutzung der rechten oder der linken Gehirnhälfte. Pokerspieler, die der alten Generation angehören und schon länger im Geschäft sind, gehören meist der ersten der beiden Kategorien an und lange Zeit war diese auch die dominantere Spielweise in der Pokerwelt. Aber auch heute vertrauen viele gerne noch auf ihre Intuition. Dazu gehören zum Beispiel die beiden Live-Spieler-Ikonen Phil Ivey oder Daniel Negreanu. Negreanu gilt mit 33 Millionen Dollar Turnierpreisgeldern als der erfolgreichste Pokerspieler der Welt. Phil Ivey, der früher als Verkäufer tätig war, konzentriert sich inzwischen mehr auf Cash Games, ist aber auch weiterhin erfolgreich bei Turnieren und gewann zehn Bracelets bei der World Series of Poker (WSOP). Beide haben natürlich genügend Vorkenntnisse und Übungen, und können sich daher auf ihre Intuition verlassen, die die richtige Vorgehensweise oder zum Beispiel einen Tell mit Rückgriff auf Vorwissen erkennen kann. Für die rechte Gehirnhälfte spricht beim Pokern vor Allem auch die Fähigkeit, Analogien zu erkennen.
Die bekannten Pokerspieler Chris Ferguson und Andy Bloch hingegen gelten als Mathematiker des Pokers. Schon Fergusons Eltern waren promovierte Mathematiker und sein Vater lehrte Spieltheorie an der UCLA. Ein Zitat von ihm lautet: „Wenn Sie denken, dass die Mathematik nicht wichtig ist, dann kennen Sie nicht die richtige Mathematik (fürs Poker).“ (Übersetzt aus dem Englischen). Er gewann beispielsweise das World Series of Poker, die National Heads-Up Poker Championship und drei Mal auch den Titel bei den WSOP-Circuitturnieren und sackte dabei jeweils Preisgelder zwischen 500.000 Dollar und 1,5 Millionen Dollar ein. Auch da kann man wohl behaupten, dass der Erfolg für sich spricht und das zeigt auch, dass Mathematik eine sehr gute Erfolgsstrategie sein kann. Inzwischen gibt es auch viele Befürworter der Theorie, dass Bluffen mathematisch berechenbar ist. Für die linke Gehirnhälfte spricht außerdem, dass sie die Grundlage darstellt folgerichtig, zeitorientiert analytisch zu denken, was natürlich für die Grundstruktur des Spiels unerlässlich ist.
Und welche Gehirnhälfte ist nun die Nützlichere? Sie können es vielleicht schon erahnen, die perfekte Kombination macht den Unterschied. Lässt man eine der beiden Gehirnhälften und ihre jeweiligen Strategien weitestgehend außen vor, untergräbt man damit seine Möglichkeiten. Und das wissen professionelle Spieler wie Phil Evey, Daniel Negreanu, Andy Bloch oder Chris Ferguson alle ganz genau. Das logische Abwegen von Zügen und das Bauchgefühl für die gerade richtige Entscheidung müssen zusammen spielen. Natürlich hat dabei jeder Spieler seine Vorzüge was die Details angeht, doch Letzen Endes werden beide Gehirnhälften kräftig betätigt.